Bergen – Was für ein Artenreichtum! Gipfel und Almen des Hochfelln bieten den Besuchern derzeit eine spektakuläre Blütenpracht. Das sahen auch die Teilnehmer einer Fachexkursion der Bayerischen Botanischen Gesellschaft unter Leitung von Dipl.-Biol. Stefan Kattari vom Ökomodell Achental und Prof. Jörg Ewald von der Hochschule Weihenstephan so. Ein Dutzend Pflanzenkenner aus allen Teilen Oberbayerns vermaßen bei strahlend schönem Sommerwetter Blüten und Blätter, bestimmten Arten und Unterarten und hielten die Ergebnisse nicht zuletzt in Form von Fotos fest. Die eindrucksvolle Bilanz: Knapp 300 Arten wurden allein auf dieser Exkursion festgestellt. Darunter waren allgemein bekannte wie die Trollblume, das Narzissenblütige Windröschen oder die Bewimperte Alpenrose (vulgo Almrausch), aber auch ausgesprochene Seltenheiten wie die Gelbe Platterbse. Wo sich der Schnee lange gehalten hatte, blühte noch die Zwergalpenrose, die weltweit nur in den Ostalpen vorkommt. Auf dem Gipfelplateau standen einige Orchideenarten in Blüte, darunter das Kugelknabenkraut und das unscheinbare Große Zweiblatt.
Wie viele Berggipfel in den Chiemgauer Alpen zeichnet sich der Hochfelln durch eine vielfältige Geologie aus. Auf kleinem Raum wechselt die Gesteinsunterlage und mit ihr die typische Vegetation. Ein geologischer Rundweg mit anschaulichen Informationstafeln gibt Interessierte auf dem Gipfel einen einzigartigen Einblick in die Geologie. Wer die Augen hebt, bekommt nach dem Einblick noch einen Ausblick auf Chiemgauer Alpen und natürlich das Bayerische Meer.
Die am Wochenende erhobenen Daten werden Eingang in die neue „Flora von Bayern“ finden. Die aktuellste Zusammenschau aller Pflanzenarten Bayerns stammt derzeit aus dem Jahr 1912. „Hundert Jahre später sind viele Erkenntnisse und einige Pflanzenarten hinzugekommen“, so Prof. Jörg Ewald. Nicht zuletzt deshalb sei eine neue Flora so wichtig. Sie stellt auch eine Planungsgrundlage für viele Behörden dar und kann mögliche Auswirkungen des Klimawandels abbilden. Bis zur fertigen Flora werden allerdings noch einige Jahre vergehen. Bereits jetzt können Sie einen Blick in die Flora des Chiemgaus werfen (<link http: www.chiemgau-flora.de _blank>www.chiemgau-flora.de), in der Gebietsbetreuer Stefan Kattari alle heimischen Pflanzenarten mit Bildern vorstellt. Die Chiemgau-Flora ist ebenfalls noch im Aufbau. Pflanzenmeldungen aus allen Teilen des Landkreises Traunstein und aus dem Landkreis Rosenheim östlich des Inns nimmt Kattari entgegen. Diese Daten werden ebenfalls Eingang in die Bayernflora finden.
Ein Unwetter mit Hagel beendete die Exkursion übrigens vorzeitig – sonst wäre die Artenbilanz wohl noch höher ausgefallen. Der anschließende Erfahrungsaustausch wurde von allen Teilnehmern sehr begrüßt und soll als „Oberbayerischer Botanikertag“ nach dem Auftakt in der Ökomodell-Gemeinde Bergen in den nächsten Jahren regelmäßig fortgesetzt werden.