Kiesbrüter im Anflug auf den Chiemgau

Erstellt von Ökomodell Achental |

Bitte um Rücksicht an der Tiroler Ache zwischen Marquartstein und Schleching

Die ersten Heimkehrer aus dem Winterquartier in Afrika sind auf dem Weg in den Chiemgau. Darauf weist Michael Schödl, Alpenreferent beim Landesbund für Vogelschutz (LBV), hin. Flussuferläufer und Flussregenpfeifer beginnen demnach in Kürze, die Kiesbänke als Brutplätze zu erobern. Ein solcher Platz ist die Tiroler Ache zwischen Marquartstein und Schleching, erklärt Severin Sebald, Gebietsbetreuer vom Ökomodell Achental.

„Sie suchen sich erst einmal in Ruhe ihre Brutplätze aus“, weiß er aus Erfahrung. Gerade der Flussuferläufer war jahrelang mit nur ein bis zwei Brutpaaren an der Tiroler Achen sehr selten geworden. Umso größer war die Freude, als letztes Jahr 3 Paare festgestellt werden konnten. Einen Grund sieht Sebald darin, dass sie besser beschützt würden. Mit Hinweisschildern würden die Spaziergänger auf die brütenden Vögel an den Kiesbänken hingewiesen und gebeten, das Gebiet dort nicht zu betreten. Hundebesitzer sollen ihre Hunde anleinen, damit die herumtollenden Vierbeiner die Vögel nicht aufscheuchen. Die Schilder werden allerdings laut Sebald erst in etwa einem Monat aufgestellt, wenn die Hochwassergefahr gebannt sei. Bis dahin sind ehrenamtliche Helfer im Einsatz, die laut Sebald die Leute entlang der Tiroler Ache zwischen Marquartstein und Schleching ansprechen und sie auf die Kiesbrüter aufmerksam machen.

Warum sich die Vögel ausgerechnet auf einem Kiesbett zum Brüten niederlassen, weiß er auch: „Da sehen sie alles in der Umgebung. Wenn sich ein Feind nähert, ist ihre Taktik, ein großes Trara zu machen und vom Nest abzulenken.“ Füchse hielten sich normalerweise nicht auf Kiesbänken auf, trotzdem „verirre“ sich manchmal einer dorthin.

Trotz ihrer Verbauungen ist die Tiroler Ache laut Michael Schödl vom LBV ein wichtiges Brutgebiet in Bayern. Neben den Flussuferläufern seien auf den offenen Kiesflächen dort noch relativ viele Flussregenpfeifer zu Hause. Vielerorts wichen diese auch auf Kiesgruben, Lager- oder Kiesflächen aus, auf denen Gewerbegebiete errichtet werden sollen.

Wenn hier Vögel auffallen, freue sich der LBV immer über Meldungen aus der Bevölkerung. Für beide Arten gilt es durch geeignete Schutzmaßnahmen die Brutplätze zu sichern und die Erholungsnutzung so zu regeln, dass die Vögel eine Chance auf Bruterfolg haben. „Unsere Flüsse wurden zur Siedlungsentwicklung, Landgewinnung und Energienutzung in den letzten 150 Jahren stark verändert“, so Schödl weiter. Intakte Flussabschnitte, in denen dynamische Prozesse Fluss und Aue gestalten, seien rar geworden. Diese seien heute noch Lebensraum kiesbrütender Vogelarten, die auf das Entstehen und Vergehen von Kiesflächen angewiesen sind.

Für diejenigen, die Ausschau nach den gefiederten Gästen halten möchten, erklärt Schödl: „Der Flussuferläufer ist etwas kleiner als eine Amsel und wirkt etwas gedrungener. Die typischen Kennzeichen sind eine braune Oberseite und reinweiße Unterseite sowie die beim Flug deutlich sichtbare weiße Flügelbinde.“ Flussregenpfeifer seien etwas größer als Bachstelzen. Im Brutkleid sei die schwarze Gesichtsmaske durch einen weißen Federbereich vom erdbraunen Scheitel abgesetzt. Im Ruhekleid fehle die Maske. Auffällig sei auch der zitronengelbe Augenring.

Auf Verständnis der Leute angewiesen

Die brutrelevanten Flussabschnitte würden laut Schödl nur zeitlich gesperrt, wenn sie von den Vögeln wirklich genutzt werden. Dies sei sehr aufwendig, sei aber Voraussetzung, um nicht ganze Flüsse sperren zu müssen. Das Ganze sei auf die Mithilfe der Erholungssuchenden, von Badenden, Bootfahrern, Anglern und Spaziergängern mit und ohne Hund angewiesen.

Hintergrundinformation: Lebensräume stark eingeschränkt

Der starke Umbau der Fließgewässer und die starke Nutzung der letzten hochattraktiven Wildflussbereiche – von der Freizeitnutzung bis zur Energiebewirtschaftung – führten laut Michael Schödl vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) dazu, dass der Flussuferläufer den Roten Listen Status 1 „vom Aussterben bedroht“ in Bayern erreicht hat. Deswegen sei er eine vorrangige Art für ein Artenhilfsprogramm in Bayern. Der Flussregenpfeifer werde in Bayern als „stark gefährdet“ eingestuft. Allerdings erreiche er in der alpinen Region ebenfalls den Status „vom Aussterben bedroht“.

Das Landesamt für Umwelt, Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen (LfU) und der LBV hätten dafür ein Artenschutzprogramm ins Leben gerufen. Zum einen würden die Bestände langfristig erfasst und andererseits solle die Betreuung der Brutplätze langfristig sichergestellt werden. Die Regionalkoordination liege bei Sabine Pröls von der LBV-Regionalgeschäftsstelle Inn-Salzach und beim Gebietsbetreuer Severin Sebald vom Ökomodell Achental.

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Der Flussregenpfeifer kehrt an die Kiesbänke der Tiroler Ache zurück. Seine Art ist stark gefährdet, weshalb Erholungs- suchende und Hundebesitzer um Rücksicht gebeten werden. © Bosch Marcus, LBV Bildarchiv