Staudach-Egerndach/Übersee - Leben fast ohne Plastik, ist das möglich? Unter diesem Motto gestaltet der Naturpavillon Übersee (Landesbund für Vogelschutz) zwei Vormittage mit der vierten Klasse der Volksschule Staudach-Egerndach, unter der Klassenleitung von Frau Jander. Gefördert wird das Projekt durch den Allgemeinen Umweltfonds der Oberbayerischen Regierung.
Beim Shopping ist man es gewöhnt, dass jede Boutique das gekaufte Produkt ungefragt in eine Plastiktüte steckt und wenn man zu Hause die erstandenen Waren auspackt, türmt sich ein kleiner Plastikberg auf. Für die meisten Tüten ist nach durchschnittlich einer halben Stunde die Nutzung beendet und sie landen zumeist im Abfall. Wenn man bedenkt, das jeder Deutsche ca. 65 Plastiktüten im Jahr verbraucht, dann werden über 5 Mrd. Plastiktüten in Umlauf gebracht, was einem Verbrauch von ca. 260 000 Millionen Liter Erdöl entspricht. Auch die SchülerInnen der 4ten Klassen waren beeindruckt, als sie diese Zahlen hörten. So viel kostbares Erdöl für einen Werkwerfartikel. Erstauen rief auch die Tatsache hervor, dass bereits die Steinzeitmenschen und der Suche nach Materialien waren, die ähnliche Eigenschaften hatten wie unser heutiges Plastik, sie fanden es im Birkenpech und Baumharz. Ein entscheidender Schritt vollzog sich, als man 1870 zum ersten Mal aus Pflanzenfasern Cellulosenitrat herstellte. Endlich konnte man die wertvollen, aus Elfenbein geschnitzten Billardkugeln, durch günstigere „Plastikkugeln“ ersetzen. Dem Plastik war Tür und Tor geöffnet, als 1930 zum ersten Mal Polyethylen aus Erdöl hergestellt wurde. Schnell rechneten die SchülerInnen aus, dass innerhalb weniger Jahrzehnte der Plastikmüll sich zum weltweiten Problemmüll entwickelt hat, denn die hervorragenden Eigenschaften machten die neuen Materialien weitgehend resistent gegen die natürlichen Abbaukräfte der Natur. Kein Problem für die Natur stellte dagegen der von einem Augsburger Benediktinerpater 1530 hergestellte Milchstein her, den die SchülerInnen auch gleich selber aus Milch und Essigessenz rühren und abseihen durften.
Am zweiten Vormittag lernten die SchülerInnen die gravierenden Folgen unser „Plastikkultur“ für Menschen und Natur anhand einer Bildergeschichte kennen. Die Erkenntnis, dass der Mensch als Endglied der Nahrungskette besonders stark von den Auswirkungen betroffen ist, stellte sich bei den 4 Klässlern sehr schnell ein. Manch einer schaute in der Pause zweifelnd auf seine Brotzeitbox und Plastiktrinkflasche, welche Butterbrotpapier und Glas- oder Metallflaschen mittlerweile fast gänzlich verdrängt haben. Automatisch kam die Frage auf: Was kann man tun um diesem Kreislauf zu entrinnen? Die beste Lösung, auf diese Materialien zu verzichten, konnten sich die SchülerInnen nicht vorstellen, da sie bereits vorher erarbeitet hatten, dass ein Verzicht auf Kunststoffe in der Medizin und Elektrotechnik unvorstellbar ist. Jedoch den Verbrauch einzuschränken, dass scheint möglich. Um das zu testen sollten die Kinder an zwei Tagen ihre Plastikspielzeuge verräumen, keine einfache Sache, da die Kinderzimmer oft voller LEGO, Playmobil, Barbies und Kuscheltiere sind. Die Ergebnisse dieser Selbstversuche waren für die Schüler überraschen. Plötzlich traf man sich wieder für gemeinsame Spiele bei Freunden, packte Brettspiele aus, bastelte eifrig. Natürlich kam auch Langeweile auf, doch daraus entwickelten sich immer wieder neue Ideen.
Das „Wundermaterial“ Plastik hat in all unseren Lebensbereichen Einzug gehalten, selbst in unseren Körper. Verschiedene oft gefährliche Zusatzstoffe der Kunststoffproduktion kreisen in der Blutbahn, werden im Körper gespeichert und können Auslöser für schwere Erkrankungen sein. Wollen wir das? Diese Frage muss sich jeder stellen. Z. B. verwöhnen wir unsere Kinder mit allem was der Spielzeugmarkt zu bieten hat, aber letztlich gefährden wir damit sie und kommende Generationen.
Studien haben bewiesen, dass sich die Konzentration dieses Giftcocktails, der in unserem Blut kreist, bereits durch kleinere Konsumänderungen, wie Verzicht auf Getränke in Plastikflaschen und vakuumverpackte Lebensmittel senken lässt. Den Schwarzen Peter können wir nicht nur auf die Industrie schieben. Wir sind die Verbraucher, wir entscheiden, welche Artikel in unserem Warenkorb kommen.
Weitere Informationen zum Thema Abfall und Plastikmüll bietet noch bis zum 31. Juli die Ausstellung „Die unendliche Geschichte des Abfalls“ im Naturpavillon in Übersee. Unser Dank gilt dem Ökomodell Achental, unter der Geschäftsleitung von Wolfgang Wimmer, die den Druck der Poster ermöglicht haben. Nach Ausstellungsende können die Poster an interessiert Schulen verliehen werden.
Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten des <link http: www.naturpavillon.de _blank>Naturpavillon.