Achental. Die Welt ändert sich. Wer merkt das eher als der Landwirt? Genmanipuliertes Saatgut, Milchpreise, Flächenschwund sind die Herausforderungen. Ihnen stellt sich die Landwirtschaft in Bayern mit Initiative, Vernunft, frischen Ideen und Kraft entgegen. Doch die Ortsverbände von Staudach-Egerndach und Marquartstein im Bayerischen Bauernverband verbuchten als Erfolg, drei Objekte verhindert zu haben: eine Flurbereinigung in Ihren Gemeinden, die Fließwasserkraftwerke in der Tiroler Ache und den Naturpark Chiemsee. An allen drei Projekten wirkte das Ökomodell Achental mit. Die Reaktionen dort sind geprägt von Unverständnis bis hin zu Sorge über eine falsche Entwicklung bei den Bauern im Tal.
Angesichts der geäußerten Kritik am Ökomodell Achental fanden sich die Vereinsverantwortlichen, die beiden Bürgermeister und Vorstände des Ökomodells Sepp Loferer, Schleching, und Andreas Scheck, Marquartstein, dazu der Geschäftsführer Wolfgang Wimmer im Rathaus in Marquartstein zu einem Pressegespräch ein. "Wir im Ökomodell wollen den Bauern nichts aufzwingen. Wir setzen nur Impulse und Initiativen für eine positive Entwicklung der Landwirtschaft im Achental“, so der Grundtenor der Ökomodellspitze. Wimmer sah: „Zukunftsentscheidungen sind nicht nicht einfach und jeder Mensch hält gern am Bekannten, Althergebrachten fest.“ Trotzdem sei es unerlässlich, so Wimmer, mit Vernunft und Weitblick in die Zukunft zu schauen.
Der Marquartstein Bauernobmann Hubert Hell schrieb sich in der Sitzung der Ortsverbände auf die Fahne, das Verfahren zur Flurbereinigung ausgebremst zu haben. Viele Landwirte hätten die Flurbereinigung im Regelverfahren nicht gewollt. Er, Hell, habe gegenüber dem Amt für ländliche Entwicklung dargestellt, wie schwierig ein Landtausch sei.
Flurbereinigung ist ein Instrument, den oft über die Jahrzehnte in kleine Flächen zersplitterten Grundbesitz neu zu ordnen. Ihr Ziel ist es die Produktions- und Arbeitsbedingungen der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern. Heute bringt das regelmäßig auch begleitende Maßnahmen an Land-, Dorfentwicklung und -erneuerung mit.
Die Idee zur Flurbereinigung in Marquartstein und Staudach-Egerndach kam nicht aus dem Ökomodell unterstreicht der Geschäftsführer. Der Freistaat Bayern sah Handlungsbedarf und steht den Bürgern und Kommunen in der ländlichen Entwicklung zur Seite, Dörfer, Landschaften und Region zu stärken. Die sieben Ämter für ländliche Entwicklung in Bayern betreuen über 1000 Gemeinden mit 2400 Projekten um attraktive Standortbedingungen für Millionen Bürger zu schaffen. Grundlage dieses Konzeptes sind Arbeitsgruppen, zusammengesetzt aus Fachleuten, Landwirten und anderen Betroffenen. Zu ihren ersten Aufgaben gehört eine Stärken-Schwächen-Analyse, um daraus Ziele zu entwickeln. Nicht das Ökomodell Achental, sondern einer der Arbeitskreise, besetzt mit Fachleuten, Landwirten und anderen Betroffenen, hatte im ILEK-Konzept „Kulturraum Achental“ Handlungsbedarf für eine Flurbereinigung erkannt, schildert Wolfgang Wimmer.
Er und der Schlechinger Bürgermeister Sepp Loferer kennen die Herausforderungen solcher Verfahren. „Zuerst sieht ein jeder, dass er selbst nur gute, wertvolle Flächen hat, die Tauschflächen nur schlechter Grund sind“, schmunzelt Loferer, selbst Landwirt. Er blickt auf eine gelungene Flurbereinigung in Schleching. Loferer sieht „Das dauert zehn Jahre, solche Verfahren zu Ende zu bringen.“ Wer jetzt so ein Verfahren stoppe, nehme Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Landwirtschaft in 10 Jahren und halte Verbesserungen der Dorfentwicklung und -erneuerung auf.
Der in diesem Thema von den Obmännern erhobene Vorwurf der Intransparenz greife nicht. Landwirte, häufig sogar die Obmänner, seien in den Arbeitskreisen, erführen alles aus erster Hand.
„Naturpark Chiemsee, das war eine Chance eine Marke für den Tourismus zu bilden, aber auch für regionale landwirtschaftliche Produkte zu werben“, sieht Bürgermeister Andreas Scheck. Wir sehen es als Aufgabe des Ökomodells, die Vertriebswege für den Landwirt zu vervielfältigen, um ihn unabhängiger von Marktmonopolen zu machen. In der Bundesrepublik gebe es inzwischen eine Vielzahl solcher Naturparks, die funktionieren. Die dortigen Landwirte sähen in der Marke Naturpark wertvolle Unterstützung in der Vermarktung. „Es ist mit wenig Aufwand feststellbar, dass solche Naturparks keine rechtlichen Verpflichtungen oder Beschränkungen für die Landwirte bringen.“ „Wir sehen durchaus die wirtschaftliche Situation der Landwirte. Gerade deswegen haben wir Chancen gesehen mit Ideen wie regionalen Käsereien die Vertriebsmöglichkeiten für die Landwirte zu verbessern. In den touristischen Aktionen wie Urlaub auf dem Bauernhof wollten wir den Landwirten neue Vertriebswege erschließen“, so Wolfgang Wimmer.
Hilfe zur Selbsthilfe, dafür wäre das Ökomodell der Partner. Unter dem Blickwinkel falle die Aussage des Bauernobmanns Martin Schweiger „In den letzten fünf Jahren war das Ökomodell für uns kein Pluspunkt“, auf die Landwirte zurück.
Großes Potenzial schreibt das Ökomodell Achental einem Projekt Fließwasserkraftwerke in der Tiroler Ache zu. Auch dieses Werk wurde nicht von oben auferlegt, sondern von Fachleuten, Betroffenen und Bürgern entwickelt. Besonders steht die Idee im Vordergrund, mit einer eigenen Planung das Heft des Handelns im Achental zu behalten, und so die Interessen der Menschen vor Ort zu wahren. Fachleute bestätigten die Machbarkeit des Projektes. Es ist nicht ersichtlich, warum man den Fachleuten nicht glauben will, sie bekämen die Herausforderungen eines Fließwasserkraftwerkes wie die Einflüsse auf das Grundwasser in den Griff. Die Beteiligung der Gemeinden, Behörden und Betroffenen gäbe Sicherheit, dass das Projekt gelingt.
fg