Stellungnahme zur aktuellen Wolfsdiskussion

Erstellt von Ökomodell Achental |

Grassau – Im Rahmen der letzten Gesamtvorstandssitzung wurde über das aktuell präsente Thema „Wolfsmanagement“ rege diskutiert. Zur gemeinschaftlichen Stellungnahme gehört u.a. die Übereinstimmung für eine Beauftragung eines Wolfexperten vor Ort sowie die Unterstützung und Sicherung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und Kulturlandschaft.

Der Wolf (Canis lupus L.) gehört heute zu den Arten mit dem weltweit größten Verbreitungsgebiet. In Bayern ist der Wolf jedoch nach wie vor selten. Bestätigt sind zurzeit 4 Wolfsrudel und ein Wolfspaar sowie 3 Einzeltiere in Bayern. Ein Wolf gilt dabei als standorttreu, wenn dieser über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nachgewiesen wird oder eine Reproduktion belegt ist. Laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), wurden im Monitoring-Jahr 2020/21 für die Territorien Veldensteiner Forst (Oberfranken), Manteler Forst (Oberpfalz) und Bayerischer Wald Nord immerhin zwölf Welpen bestätigt. Bei den derzeit im Achental auftretenden Wölfen handelt es sich noch um einzelne, meistens männliche „Durchzügler“ aus dem südwestlichen Alpenbogen, aus Polen oder Nordostdeutschland. Wildtierexperten sind sich jedoch einig: Aufgrund der dynamischen Entwicklung der alpinen und zentraleuropäischen Wolfspopulation ist vermehrt mit weiteren Wölfen zu rechnen.

Der Wolf ist eine streng geschützte Tierart nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und europäischem Recht. Schon aus Rechtsgründen sind deshalb keine Regelungen im Jagdrecht (wie z.B. beim Fischreiher, Fischotter und Goldschakal) oder Ordnungsrecht zielführend. Unter anderem ist somit nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verboten, solche Tiere zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Die Ausnahmen regelt § 45 Abs. 7 BNatSchG. Im Einzelfall können u.a. Ausnahmen zugelassen werden:

  • zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher Schäden,
  • im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit,
  • und aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art

Eine Ausnahme darf dabei nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen wie Weideschutzmaßnahmen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand nicht verschlechtert. Dazu zählen unter den vorbeugenden Maßnahmen des "Bayerischen Aktionsplans Wolf" beispielsweise spezielle Zäune, das Einzäunen der Tiere in der Nacht (Nachtpferchung) und der Einsatz von Hunden zum Schutz der Herden.

In unserer Gegend sind die Schutzmaßnahmen oft aber nur sehr schwer oder gar nicht umsetzbar. In speziellen Fällen wie der Almwirtschaft kann der Schutz von Herden vor Übergriffen durch große Beutegreifer, wie z.B. dem Wolf, mit erheblichem Aufwand verbunden sein. Vieh kann dann nicht mehr unbewacht eine Sommersaison alleine umherstreifen. Für sie stellt die Rückkehr des Wolfes eine große Veränderung Ihrer Lebensgewohnheiten und Wirtschaftsweisen dar. In der Viehhaltung sind hohe wirtschaftliche Mehraufwendungen und großer körperlicher Mehreinsatz für den Schutz der Herden notwendig. Darüber hinaus bringt die Verantwortlichkeit für Vieh und Mensch auch psychische Mehrbelastungen mit sich.

Ökonomische Probleme werden einerseits durch die unmittelbaren Schäden (verletzte und getötete Tiere, Sachschäden durch in Panik versetzte Tiere, Nachfolgeschäden wie z.B. das Verlammen verursacht, zum anderen durch die Forderung nach Herdenschutzmaßnahmen. Letztere sind in der Regel Voraussetzungen für Kompensationszahlungen an Tierhalter. Dabei ist neben der Wirksamkeit dieser Maßnahmen in dicht besiedelten und touristisch stark frequentierten Regionen auch die arbeitstechnische Machbarkeit zu berücksichtigen, zumal die Herdenschutzhunde auch vor Wanderern und anderen Hunden schützt.

Darüber hinaus gibt es viele Gebiete, die aus topografischen Gründen – vor allem in Berggebieten – nicht zumutbar mit Zäunen geschützt werden können. Der personelle und zeitliche Aufwand für kleine Herden steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Die Almwirtschaft hierzulande ist keine produktionsorientierte Landwirtschaft, sondern eine staatlich finanzierte Landbewirtschaftung, um bestimmte Ziele wie den Erhalt von Biotopen oder des Landschaftsbildes zu sichern. Die naturschutzgerechte Almwirtschaft muss also auch nach der Rückkehr des Wolfes sichergestellt sein. Almwirtschaft hat eine große kulturelle und auch naturschutzfachliche Bedeutung hier im Achental. Es obliegt Politik, Naturschutz und Landwirtschaft gemeinsam daran zu arbeiten und größtmögliche Unterstützung für betroffene Gruppen zu schaffen.

Letzten Endes polarisiert der Wolf. Für die einen ist er Symbol und Hoffnung für die Rettung der Natur. Für die anderen, die mit den Konsequenzen der Anwesenheit des Wolfes leben müssen, wird der Wolf zur Bedrohung. Dieser Umstand führt jedoch unweigerlich zu multikausalen Konfliktfeldern, bei denen eine oftmals schier unüberblickbare Fülle von Interessen unterschiedlicher Akteure in der Kulturlandschaft zu betrachten ist. Genau an dieser Stelle soll ein Ansprechpartner für ein modernes Wildtier- und Wolfmanagement ansetzten und sich der Herausforderung stellen, solche Konflikte zu moderieren und im besten Falle auf eine für alle gesellschaftlichen Gruppen akzeptable Schnittmenge zusammenzuführen. Deswegen spricht sich das Ökomodell Achental mit ihren Mitgliedsgemeinden für eine zentrale Stelle eines Wolfexperten beauftragt vom LfU vor Ort aus, der als Beratungs- und Informationsstelle für spezielle, problematische Fälle im Voralpenland fungieren soll. Darüber hinaus ist die Almwirtschaft und Weidetierhaltung mit ihren kleinstrukturierten bäuerlichen Betrieben aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie der Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu sichern.

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Informationen zum Wolfsmanagement – Ökomodell Achental spricht sich für einen Wolfexperten vor Ort aus