Jubiläumsfeier Ökomodell Achental
Vor aussichtsreicher Bergkulisse fand am 14. Juni die Jubiläumsfeier des Ökomodell Achental e.V. anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins statt.
Das Ökomodell hatte Wegbegleiter und Unterstützer des Vereins auf die Sonnenalm in Reit im Winkl geladen, um gemeinsam das 25-jährige Bestehen des Vereins zu feiern.
Der unbeständige Juni zeigte sich an diesem Freitagnachmittag zunehmend von seiner guten Seite, sodass die Festgäste nach dem Empfang bei einer kleinen geführten Wanderung Wissenswertes über den Grenzverlauf zwischen Deutschland und Österreich im Winklmoosgebiet, aber auch über die einzigartigen Moorgebiete als wichtigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere erfahren konnten. Fachkundig begleitet von Sepp Haslberger, pensionierter Grund- und Mittelschullehrer und passionierter Wanderführer, der neben seinem Wissen auch einige Anekdoten zu erzählen wusste, und von Gebietsbetreuerin Magdalena Bahr, die verdeutlichte, dass das Zusammenspiel von Mensch und Natur angesichts der Vulnerabilität der Natur eine verantwortungsvolle Aufgabe bei der Almwirtschaft und dem (sanften) Tourismus darstellt. Auf dem Scheibelberg gelingt es beispielsweise dem Selleriekraut, sich im moorastigen Boden in den Hufabdrücken der dort weidenden Pferde anzusiedeln, wie Björn Hauschildt, Biodiversitätsbeauftragter der Regierung von Oberbayern, zu ergänzen wusste. Zu viel Erosion hingegen und auch die Ausscheidungen der Tiere hinterlassen jedoch ebenfalls ihre Spuren im Gelände und in den Bachläufen. Die Dosierung der Anzahl der Tiere macht hier wie so oft das Gift, derer hier offensichtlich angesichts des erfreulichen Bewuchses Rechnung getragen wurde. Seltene Pflanzen werden zudem zum Schutz abgezäunt. Auch der kleine Familien-Skihang stört in diesem Fall das Moor nicht.
Mit den Eindrücken der Wanderung vor Augen, wurden zunehmend auch nachdenkliche Töne am Festtag angeschlagen. So referierte der geladene, aus dem bayerischen Rundfunk bekannte Gast Georg Bayerle nach der offiziellen Begrüßung durch den ersten Vorstand, Bergens Bürgermeister Stefan Schneider, über den Wandel in den Alpen. Seine eindringlichen Bilder als eindrucksvolle Zeugen der zum Teil absurden Entwicklung verdeutlichten abermals, wie sehr der Mensch im Alpenraum andernorts in die Natur eingreift: Neu angelegte Trassen zur künstlichen Beschneiung und Bachfänge zur Erweiterung der Skigebiete, brachliegende imposante Wintersportanlagen nach Großveranstaltungen, Brückenbau und übermäßiger Fern- und Autoverkehr, vom Borkenkäfer zusammengefressene Schutzwälder, weil sie für die Forstwirtschaft durch die Bebauung nicht mehr erreichbar sind, verbaute Hänge etc. – vereinzelte kleine Positivbeispiele können dem wenig entgegensetzen, wenn nicht ein kollektives Umdenken stattfindet. Denn auch sanfte Orte werben, so Bayerle, aggressiv mit „Nervenkitzel, Abenteuer und Eventmarathon“, um im Absurditätenkabinett um die Touristen zu buhlen und mit der Konkurrenz mithalten zu können. Soziale Medien sind in dieser rasanten und „irren Entwicklung“ Fluch und Segen zugleich.
Bayerle gab wichtige Denkanstöße und Fragen in die Runde: „Müssen Räume, die noch nicht angetastet wurden, nicht erhalten bleiben? Vor allem, wenn wir noch nicht wissen, wohin der Klimawandelt geht?“ und appelliert dabei an die Verantwortung für die Natur und die Folgegeneration. „Wir wissen nicht, was noch alles auf uns zukommen wird. Was wird sein, wenn alles vorentschieden ist, weil wir über Schutzräume verfügt haben, die die Nächsten brauchen, um Reaktions-Spielräume zu haben?“
Bei der anschließenden Diskussion fand ein reger Austausch statt, der beim gemeinsamen Abendessen fortgesetzt wurde. Dabei gedachte man alter Zeiten, vor allem aber diskutierte man über Visionen und Ideen für die Zukunft. Altbewährtes nicht aus den Augen zu verlieren und dennoch zukunftsfähig zu werden, bleibt die große Herausforderung. Die Gesellschaft braucht eine andere Konsumeinstellung und einen neuen Umgang mit den Ressourcen, um den Wert der Landschaft und ihre Zugänglichkeit zu erhalten. Darin waren sich alle einig. Und auch, dass bloße Denkanstöße und ein Aufzeigen der Problematiken nicht ausreichen, sondern konkrete Maßnahmen zur Veränderung ergriffen werden müssen. Das Ökomodell und seine Mitgliedsgemeinden haben eine „gemeinsame Herzkammer mit dem Naturschutz und dem Nachhaltigkeitsgedanken im Herzen“, attestierte Bayerle dem Verein. Das ist wohl eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen, denn eine solche Transformationsentwicklung funktioniert nur gemeinsam und gemeindeübergreifend – mehr denn je in einer so unruhigen Zeit wie heute.