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Agri-PV Anlage in Übersee

Die neun Ökomodellgemeinden befürworten Pilotprojekt der NEA als wichtigen Beitrag zur Energiewende und für unsere Region

Der Klimawandel und seine Folgen betreffen uns alle. Nicht immer sind die Konsequenzen so unmittelbar spürbar, wie aktuell bei den Waldbränden in Los Angeles oder bei den Überschwemmungen im Ahrtal 2021. Im Achental scheint die Welt – abgesehen von einem relativ schneefreien Winter und mittlerweile fast jährlichen Hochwassern – noch in Ordnung. Auch die Gesamtpolitische Lage hat sich verglichen mit dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Kriegs im Februar 2022 vermeintlich beruhigt. Damals war die Problematik der Abhängigkeit von der russischen Energieversorgung und deren Auswirkung für jeden drastisch erkennbar und der Ruf nach Unabhängigkeit und erneuerbaren, klimafreundlichen Energieformen in aller Munde.

Doch, nur weil sich die Energiepreise stabilisiert haben, heißt das nicht, dass sich an der Grundsituation etwas geändert hat. Wir sind in der Energiefrage weiterhin in hohem Maße abhängig vom politischen Weltgeschehen, Autokraten benutzen Energie als Waffe und wir erleben im Monatstakt, was nur die Anfänge des Klimawandels bedeuten.

Aktuell leistet Bayern und speziell der Chiemgau keinen wesentlichen Beitrag zur Energiewende, wie die Übersichtskarte am Beispiel der installierten Freiflächen-PV-Leistungen eindrücklich zeigt.

Summe der installierten Freiflächen-PV Leistungen je Landkreis oder kreisfreie Städte in Megawatt in Bayern

Quelle: Grafik: BR24Quelle: Marktstammdatenregister Kartenmaterial: © GeoBasis-DE / BKG 2017

Energie im Achental

Im Rahmen der Klausur des Ökomodells im Jahr 2022 haben die Bürgermeister der neun Mitgliedergemeinden Ziele für die Region festgesetzt. Bis 2030 sollen 70% des benötigten Stroms und der Wärme im Achental aus erneuerbaren Energien stammen, sowie deren Versorgungssicherheit und regionaler Bezug gewährleistet sein. Eine Bestandsanalyse zeigte 2023, dass dies im Achental aktuell gerade einmal für ca. 40% des Stroms gilt. Damit liegen wir weit unter dem Bundesdurchschnitt von über 60%. Eine Bewertung der verschiedenen Energieformen hat zudem gezeigt, dass das Thema Wind bei uns eine untergeordnete Rolle spielt und dass – in Abwägung zum Ausbau der Wasserkraft an der Tiroler Achen – der Ausbau der PV um ein Vielfaches effizienter ist und erheblich weniger Beeinträchtigungen der Natur bedeutet. In der Analyse wurde auch festgestellt, dass eine rein hypothetische Vollbelegung der Dachflächen in Übersee und dem Achental nicht ausreichen würde, um unsere Energieziele zu erreichen. Außer wir alle reduzieren drastisch unseren Energiekonsum, was bisher in keinster Weise mehrheitsfähig ist.

Privilegierung und Planungsrecht

Seit Anfang 2023 wurde vom Gesetzgeber definiert, dass entlang der Autobahnen und der Bahngleise in einem Korridor von 200m eine Privilegierung für PV-Freiflächenanlagen gilt. Die bayerische Staatsregierung steht weiterhin voll hinter deren Ausbau. Seit dem 1.1.2025 ist der privilegierte Bereich sogar genehmigungsfrei. Das heißt: Anlagen können ohne Genehmigung gebaut werden. Im Ökomodell Achental sind durch diese Tatsache besonders die Gemeinden Bergen, Grabenstätt und Übersee mit potenziellen Projekten konfrontiert. Es ist klar, dass auch bei uns Freiflächen-PV-Projekte kommen werden. Den Bürgermeistern des Achentals war es aber wichtig, den möglichst besten Weg für die Gemeinden – einen Achentaler Weg – zu finden.

StandardwegAchentaler Weg
EinzelinvestorenMöglichst hohe Bürgerbeteiligung
Klassische Freiflächen-PV-Anlagen mit Verlust der landwirtschaftlichen FlächenAgri-PV-Anlagen mit Erhalt der landwirtschaftlichen Fläche
Genehmigung über Privilegierung ohne Mitspracherecht der BürgerBauleitverfahren und damit Berücksichtigung der Interessen der Bürger

Bild: Ausschnitt Google Maps, rote Fläche genehmigungsfreier Bereich, blau-schraffierte Fläche Bauleitverfahren.

Bürgerenergiegenossenschaft NEA

Der Achentaler Weg: Um die Energiefrage nicht in die Hände der (Groß-)Politik oder von Großinvestoren zu geben, sondern ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung zu gewährleisten, entschied man sich im März 2023, die Gründung der unabhängigen Bürgergenossenschaft Neue Energie Achental – NEA zu unterstützen. Die NEA möchte mit regionaler und erneuerbarer Energie einen wertvollen Beitrag der Region zur Energiewende leisten und ist getragen und geführt von Menschen aus dem Achental. Das Ökomodell und seine neun Mitgliedergemeinden, vertreten durch deren Bürgermeister, haben dieses Vorhaben von Beginn an unterstützt, um einen Achentaler Weg für den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energie zu erarbeiten. Über die Mitsprache im Aufsichtsrat können die Bürgermeister darauf einwirken, dass diese Ziele erreicht werden.

Bürgermeister im Aufsichtsrat und Rolle des Ökomodells

In der Klausur des Ökomodells (2022) wurden auch Verantwortliche aus den eigenen Reihen für jeden der Ziel-Unterbereiche bestimmt. Für den Bereich Energie sind seitdem Bgm Herbert Strauch (Übersee) sowie Bgm Matthias Schlechter (Reit im Winkl) zuständig. Es ist seit Jahrzehnten gelebte Praxis in Deutschland, dass Bürgermeister die Interessen der Gemeinde in relevanten Organisationen und Unternehmen vertreten. Bürgermeister Strauch wurde als Ressort-Zuständiger vom Ökomodell in den Aufsichtsrat der NEA entsendet, um dort ehrenamtlich die Interessen der Achentaler Gemeinden in diesem und zukünftigen Projekten zu vertreten.

Am Eichfeld in Übersee ist nun mit einer solchen Agri-PV-Anlage ein erstes Pilotprojekt der NEA geplant. Die Fläche liegt am Ortsrand an den Bahngleisen und damit zu 70% im genehmigungsfreien Bereich. Die NEA hat sich freiwillig für den Weg des Bebauungsplan-Verfahren entschieden, um so auch die Interessen der Gemeinde zu berücksichtigen. Ein mögliches Bürgerbegehren ist in letzter Konsequenz somit die Entscheidung, ob mit Berücksichtigung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger gebaut wird oder ohne.

Der Gesamtvorstand des Ökomodells unterstützt dieses Vorhaben und erkennt das Projekt als einen wichtigen Baustein für die Region und ihre Ziele an. Das Ökomodell kann und möchte sich nicht dem Denken „Strom aus der Steckdose, Essen aus dem Supermarkt“ anschließen. Unser Lebensstil hat Konsequenzen und ein Auslagern der Konsequenzen an andere Regionen in Bayern, Europa und der Welt macht uns am Ende abhängig und unsolidarisch. Die Energiewende ist nur möglich, wenn jeder in seinem Verantwortungsbereich auch sein Möglichstes gibt. Es ist längst keine Option mehr, in seiner Komfortzone zu verharren und dabei die Augen vor der Realität zu verschließen.

Aktuell dominieren Negativpresse und Falschmeldungen das Bild über die unabhängige Bürgergenossenschaft Neue Energie Achental (NEA) und die geplante Agri-PV-Anlage am Standort Eichfeld in Übersee. Subjektive Interessen und Befindlichkeiten einzelner Anwohner werden unter dem Deckmantel des Gemeinwohls verkauft und gezielte Unwahrheiten verbreitet, um Bürgerinnen und Bürger gegen den Bau der Anlage zu mobilisieren. Dabei sind die Argumente nicht haltbar und die Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage. Vielmehr sei es eine Verdrehung von Tatsachen, weiß Stefan Schneider, erster Bürgermeister von Bergen und Vorstandsvorsitzender des Ökomodells Achental, und ist als solcher um Klarstellung der Sachlage bemüht.