Almwirtschaft ist gelebter Naturschutz

Erstellt von Ökomodell Achental |

Nach dem Auftakt des „Bergmähder-Projektes“ im September letzten Jahres werden nun in der Machbarkeitsstudie vier weitere Almen erfasst und Maßnahmen zur Reaktivierung der ehemaligen Bergmähder beantragt, welche bis 2022 umgesetzt werden.

Grassau – In der letzten Gesamtvorstandssitzung des Ökomodell Achental kam es zur Vorstellung des aktuellen Sachstands im BayernNetzNatur-Projekt „Almen und Bergmähder zwischen Hochgern und Achental“. Dabei informierte Markus Höper, Diplom-Biologe und vom Ökomodell Achental beauftragter Projektmanager über die Vegetationsaufnahmen der im Projektantrag beschriebenen Almen und Kartierung der Dauerbeobachtungsflächen.

Um die vergessene Nutzungsform „Bergmähder“ wieder zu reaktivieren und die Artenvielfalt auf Almen zu erhalten und verlorengegangene Arten wieder zurückzugewinnen, wurde vom Ökomodell Achental, zusammen mit Christian Tegethoff (Almfachberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Rosenheim/ seit 13 Jahren ehrenamtlich auf der Weitalm am Hochgern engagiert) das Projekt „Almen und Bergmähder zwischen Hochgern und Achental“ ins Leben gerufen.

Als Auftakt für das Projekt wurde im September 2020 die verbrachte Fläche am Hochgerngipfel gemulcht. Die Umsetzung wurde dabei von Christian Tegethoff koordiniert und geleitet. Zusammen mit dem Landschaftspfleger Stadler wurde mit einem ferngesteuerten Mulchgerät und einem Freischneider die Fläche bearbeitet. Das war notwendig, um den über Jahrzehnte aufgebauten Grasfilz zu beseitigen, damit es möglich ist, die Fläche in Zukunft mit einem Messerbalken zu mähen. Um die vorhandenen Insekten bestmöglich zu schonen, wurde der Mulchtermin so gelegt, dass die Pflanzen bereits verblüht und kaum Insekten vorzufinden waren. Der Zweitaufwuchs soll im Spätsommer 2021 durch eine Nachbeweidung im bestockten Bergwald mit Rindern der Weitalm genutzt werden. Durch die Kombination dieser beiden Nutzungen sollen der Fläche, die über die letzten Jahrzehnte aufgebauten Nährstoffe entzogen werden, sodass sich konkurrenzschwächere Kräuter und Gräser wieder etablieren können.

Durch den Verbiss und den Tritt der Rinder wird die Bestockung angeregt, so kann sich wieder eine dichte Grasnarbe mit diversen blühenden Kräutern und Gräsern entwickeln. Welche Pflanzen- und Tierarten sich wieder ansiedeln, wird von einem Fachbüro begleitend untersucht, um den Erfolg der Maßnahme zu dokumentieren. Zum aktuellen Stand ist eine positive Entwicklung der Biodiversität bereits zu erkennen. Dabei muss jedoch in den Folgejahren die Fläche im Frühsommer weiterhin mindestens einmal pro Jahr gemäht und das Mähgut entfernt werden. Weiterhin geplant ist die zweite Mahd im Spätsommer 2021 und die Entbuschung am Langen Stein.

Seit Anfang Juli ist Markus Höper führender Projektmanager im „Bergmähder-Projekt“ und leitet die Bestandsaufnahme, die Kartierungen und Vegetationsgutachten sowie die Beratung von Gemeinden. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie soll am Beispiel von vier Almflächen und den ehemaligen Bergmähdern am Hochgerngipfel ein übertragbares Modell zur naturschutzorientierten Beweidung und Mahd entwickelt und erprobt werden. In der Machtbarkeitsstudie geht es um die Revitalisierung der Bergmähder im Gipfelgebiet des Hochgern und typischer Almen im Achental. Dabei sollen die vergrasten, verfilzten und verbuschten Flächen durch zielgerichtete Pflegemaßnahmen wiederhergestellt werden, um auch den Verlust von vielen seltenen Pflanzen und Tieren entgegenzuwirken. Aktuell sind die Almen Weitalm (GM Unterwössen), Neugrabenalm (GM Unterwössen), Huber Weitwies Alm (GM Schleching) und die Steinbergalm (GM Schleching) im Antrag aufgeführt. Dabei geht es vor allem um die Bekämpfung der Farnausbreitung, die Entbuschung und Auflichtung bestehender dichter Gehölzstrukturen und kleinteiligere Koppelung des Viehs, sowie der Optimierung der Weideintensität und Weidenführung. Zur Dokumentation werden die Flächen dabei in Dauerbeobachtungsflächen eingeteilt und nach dem sogenannten Braun-Blanquet Verfahren rechteckig in Parzellen angelegt, um den Artenbestand vor und nach den Maßnahmen zu erfassen.

Insgesamt können so zum heutigen Stand auf vier Almen umgehend Maßnahmen beantragt werden und bis Herbst 2021/Frühjahr-Sommer 2022 umgesetzt werden. Im Anschluss an die Machbarkeitsstudie sollen danach weitere Almen und Bergmähder in ein umfassendes Projekt aufgenommen werden. Bei der Umsetzung spielen die Landwirte im Achental als Landschafts- und Naturschutzpfleger eine zentrale Rolle. Ohne sie würde die Kulturlandschaft nicht so aussehen, wie wir sie jetzt kennen und schätzen. Auch während der Hauptalmbegehung am Hochgern wurde deutlich, dass die Almwirtschaft die Schnittstelle für Ökologie und Wirtschaften ist. Wesentlich ist, die charakteristischen Arten und Lebensräume der Region zu erhalten und als Biodiversitätsschwerpunkt im Landkreis Traunstein naturschutzfachlich weiterzuentwickeln.

Für das Projekt „Almen und Bergmähder zwischen Hochgern und Achental“ tritt das Ökomodell Achental e.V. als Zusammenschluss der neun Achental-Gemeinden als Projektträger auf. Gefördert und fachlich begleitet wird die Maßnahme durch die Regierung von Oberbayern im Rahmen des „Biodiversitätsprogramms Bayern 2030“ und das Landratsamt Traunstein. Ab nächstem Jahr sollen zahlreiche weitere Projekte auf den Almen und im Tal umgesetzt werden, um die schöne Kulturlandschaft weiterhin zu erhalten und zu fördern.

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Fläche am Hochgern vor der Mulchung ©Tegethoff
Fläche am Hochgern nach der Mulchung ©Tegethoff
Huber Weitwies Alm vor der Entbuschung ©Höper