„Schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen….“ - Porträt der einzigen Försterin im Achental

Erstellt von Ökomodell Achental |

Themenjahr Wald - Teil 2: über die Arbeit der Förster im Achental – über 90 Prozent Staatswald

Die junge Frau lässt vorsichtig die hellgrünen Spitzen der kleinen Tanne durch ihre Finger gleiten. Petra Demmel ist von Beruf Försterin und kontrolliert gerade ob die jungen Bäume durch hungriges Wild angeknabbert worden sind. Sie betreut als stellvertretende Försterin der Bayerischen Staatsforsten das Revier Marquartstein des Forstbetriebs Ruhpolding und ist eine der wenigen Frauen, die sich den Beruf des Försters als Lebensgrundlage ausgesucht haben. Das Ökomodell Achental skizziert ihren Lebensweg im Rahmen seines Themenjahres „Wald“.

Mit einer Schreinerlehre nach dem Fachabitur startete Petra Demmel zunächst in ihre berufliche Zukunft. Während einer Reise durch Kanada lernte die Münchnerin eine Forststudentin kennen und war fasziniert von den Erzählungen über deren Ausbildung. Nach ihrer Rückkehr schnupperte sie bei einem Praktikum im Forstbetrieb Schliersee ein wenig „Försterluft“ und entschloss sich zu einem Studium der Forstwirtschaft in Weihenstephan – neben ihrem Beruf als selbständige Schreinerin. „Ich war auf der Suche nach einem Beruf, der Sinn macht“, erklärt Petra Demmel ihre Entscheidung. „Der Wald ist faszinierend, er ist eine unserer Lebensgrundlagen. Der Försterberuf ist sehr vielseitig und man ist immer im Einklang mit der Natur.“

Erste Försterin im Achental

Nach dem Studium und verschiedenen Ausbildungsstationen kam die junge Frau 2020 als erste Försterin zum Forstbetrieb Ruhpolding. Noch betreut sie, inzwischen Mutter zweier Kinder, kein eigenes Revier und hilft quasi als „Springerin“ aus, wie gerade im Revier Marquartstein. Die Zusammenarbeit mit ihren männlichen Kollegen beschreibt Petra Demmel als unkompliziert, „nur die Anrede bei den Mails musste ich anfangs anpassen, da es immer „Sehr geehrte Herren…“ hieß“, schmunzelt sie.

Ein Einblick in ihre Aufgaben als Försterin im Staatswald zeigen die letzten Tage: Bei Inventuraufnahmen wurde die geschnittene Holzmenge erfasst. Oder die „Verbissaufnahme“, wie intensiv also Wild an jungem Baumbestand geknabbert hat. Sollten diese Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren zu hoch sein, würde die Försterin Schwerpunktjagden organisieren und Pflanzen einzeln gezielt schützen. Dann steht im Terminkalender von Petra Demmel die Einsatzleitung bei der  Holzernte, wenn also Bäume geschnitten werden, die zuvor mit Sprühfarbe von der Försterin „ausgezeichnet“ worden sind. „Dazu zählen geschädigte Bäume, etwa durch Schneebruch, Schädlinge, Sturm oder wenn Platz und Licht für junge neue Bäume geschaffen werden muss.“

Probleme bereiten der jungen Frau, wie allen ihren Kollegen, oft die „Freizeitnutzung“ mancher Waldbesucher, „etwa Radler, die in der Dämmerung schwierige Wege befahren und damit Wild und Jagd stören oder bei Arbeiten im Wald, wenn Wanderer Absperrungen und Alternativrouten nicht akzeptieren.“

„Dem Wald  Gutes tun“

Bei ihrer Arbeit als Försterin liegt Petra Demmel vor allem am Herzen, dem Wald Gutes zu tun und sein Holz sinnvoll und nachhaltig zu nutzen. Dabei würden viele Interessen auf dem Wald liegen und „oft ist es schwierig, alles unter einen Hut zu bringen: Wald- Ressourcen und Freizeitnutzung sowie den Natur- und Artenschutz.“ Doch Petra Demmel blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Wir sind hier im Achental im Vergleich zu anderen Regionen in einer sehr günstigen Situation, etwa durch Wasserversorgung, etc. Und wir probieren immer wieder neue Baumarten aus, auch fremdländische, um den Wald auf den Klimawandel so gut als möglich einzustellen.“


Der Wald im Achental

Der Anteil des Staatswaldes am Achental, betreut von den Bayerischen Staatsforsten, liegt bei etwa 90%, was historisch bedingt ist: früher war es königlicher Wald- heute befindet er sich in Staatseigentum. Im Traunsteiner Landkreis liegt dieser Anteil bei knapp 53% - der Rest teilt sich auf in Privatbesitz und Kommunalwald. In den letzten Jahren hat der Waldbestand auf Landkreisebene leicht abgenommen -  im Gebirgsraum dagegen eher zugenommen - aufgrund natürlicher Wiederbewaldung von Teilen von Almen und sonstigen nicht genutzten Flächen. Zudem steigt die Waldgrenze aufgrund des Klimawandels.

Der Staatswald im Achental wird durch den Forstbetrieb Ruhpolding der Bayerischen Staatsforsten betreut, unterteilt in die drei Reviere Unterwössen, Marquartstein und Schleching.

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Traunstein berät und fördert den Privat- und Kommunalwald.

(Quelle: Zahlen des AELF und des Forstbetriebs Ruhpolding)


Aufgaben eines Forstbetriebs im Gebirge

  • Erhalt der Bergwälder

Eine der wichtigsten Aufgaben des Forstbetriebs ist es dauerhafte und stabile Strukturen in den Bergwäldern zu erhalten oder zu schaffen. Naturverjüngung, bestehend aus den Baumarten des Bergmischwaldes, soll garantieren, dass bei einem Ausfall des Altbestandes keine dauerhaften Lücken oder Freiflächen entstehen.

  • Nutzung des Holzes

Um dieses Ziel zu erreichen spielt auch die Nutzung des Bergwaldes eine wichtige Rolle. Reife Altbäume werden entnommen, damit die darunter stehenden Verjüngung ausreichend Licht und Wäre zum Wachsen erhält. In jüngeren Beständen werden Strukturen durch mäßige und dafür häufigere Durchforstungen geschaffen oder verbessert. Das anfallende Nutzholz wird in der Region vermarktet.

Über 90% der Forstbetriebsfläche befindet sich im Achental an Hanglagen und ist mit 18 Laufmetern Forststraße/ ha vergleichsweise gering. So muss ca. die Hälfte des eingeschlagenen Holzes mit Seilbahnen an den nächsten Forstweg transportiert werden. Zwar ist die Holzernte heutzutage stark technisiert, aber noch immer sind die Waldarbeiter für die Pflege und den Erhalt der Wälder unerlässlich.

  • Schutzwaldsanierung

Eine weitere Aufgabe ist die Sanierung von geschädigten Schutzwäldern. Wo Verjüngung ausbleibt werden standortgerechte Bäume gepflanzt und auf bereits bestehenden Freiflächen müssen Lawinen- und Gleitschneeverbauungen die Schutzfunktion des Waldes zumindest zeitweise übernehmen.

  • Jagd

Die Jagd spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des Ziels einen stabilen Bergwald für die nächsten Generationen zu schaffen und zu sichern. Nur eine konsequente Regulierung von Gams-, Reh- und Rotwild ermöglichen eine angemessene Beteiligung der Tanne und aller Laubbaumarten des Bergmischwaldes. Hier wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten bedeutende Fortschritte erzielt.

  • Waldnaturschutz

Spezieller Artenschutz (Steinadler, Auerhuhn, Schwarzstorch, Kreuzotter etc.), Management von Offenlandflächen, Totholzanreicherung, Schutz von Biotopbäumen…

 

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Reviere des Forstbetriebs Ruhpolding
Hier ist die Welt des Waldes in Ordnung: Junge Bäume haben genug Licht, Luft und Platz, um sich zu entfalten, was sich an dem frischen Grün zeigt. Die Försterin Petra Demmel kontrolliert im Revier Marquartstein eine junge Tanne auf Verbissschäden. Das Ökomodell Achental setzt in diesem Jahr seinen Fokus auf das Thema „Wald“ und begleitet dies u.a. mit Aktionen, Veranstaltungen und Artikeln.